Vergißt der Bundespräsident die KMU?

Gestern hielt Bundespräsident Horst Köhler eine Rede beim “Tag der Deutschen Industrie” des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).

Laut Mittelstandswiki:
Bundespräsident Horst Köhler bedauerte in seiner Rede, dass der Mittelstand allzu häufig im Schatten der großen Konzerne stünde und zu wenig gewürdigt werde, obwohl viele mittelständische Unternehmen in ihren Märkten Weltmarktführer seien.
[...]
In Zukunft gehe es nicht darum, Ideen in Massenprodukte umzusetzen, sondern vielmehr um individuelle Produkte und Dienstleistungen.

Das erinnert mich mal wieder an ein politisch-gesellschaftliches Problem (in Deutschland?):


Mittelstand und KMU

Es ist völlig richtig, dass Deutschlands Wirtschaft in erster Linie vom Mittelstand getragen wird. Und es ist gut, dass Herr Köhler daran erinnert und in das Bewußtsein ruft, dass die Großkonzerne zwar die Nachrichten bestimmen, aber nur ein Teil der deutschen Wirtschaft sind.

Aber: man bedenke was nicht nur Herr Köhler, sondern die gesamte Politik und Berater als Mittelstand definieren, ist schon verdamt groß.

Denkt zurück an meinen Artikel über eine Studie von Kienbaum über das Gehalt von Geschäftsführern von kleinen GmbH. Laut Kienbaum hat eine kleine GmbH bis zu 5 Mio. EUR Umsatz pro Jahr.

Damit dürfte der Mittelstand laut Köhler & Kienbaum wohl erst ab 5 Mio so richtig anfangen...

Das verdeutlicht mal wieder, dass in der nationalen Wirtschaftspolitik anscheindend KMU und Freiberufler keine Rolle spielen. Einzig die städtische Wirtschaftsfördung kümmert sich ansatzweise um diese Klientel.

Zu allem Überfluss, soll demnächst bei Existenzgründern, die Hartz4 beziehen, der Vedienst auf den Bezug angerechnet werden und die Bezüge komplett zu einem Darlehn werden. Damit ist die Gründerföderung für Arbeitslose dem Tode geweiht.

Damit wird der einzige vernünftige Weg für Gründer aus Hartz4 der Alleingang ohne Förderung sein. Denn warum sollte man Gründen und über 60h die Woche arbeiten, wenn man dann doch nicht mehr als Hartz4 bekommt und weiterhin unter der Knute der ARGE bleibt...

Die Zahl der Existenzgründung wird sich unweigerlich nach unten bewegen. Kann das wirklich gewollt sein?!

Warum begreift die Politk nicht, dass eine gesunde Wirtschaft aus dem gesamten Spektrum von Groß-Industrie über Mittelstand und KMU bis zu Freiberuflern und Kleingewerbetreibenden besteht?

Es gibt ja tatsächlich Wirtschaftsbereiche, bei denen jeder einzelne Arbeitnehmer mit mehrern 100.000 EUR pro Jahr subventioniert wird. Wo bleiben die Subventionen für Kleinunternehmer und KMU?

Warum werden immer wieder marode Großunternehmen mit Millionen-Subventionen tot-saniert (->Holzmann, Bremer Vulkan) ... und so manches KMU und reichlich Arbeitnehmer nagen fast am Hungertuch?

Die Antwort scheint mir so einfach wie erschreckend: bei KMU gibt es keinen Posten im Aufsichtsrat, mit denen sich Politiker dumm und dämlich verdienen können.

    Trackbacks
    Politik und Berater vergessen kleine Unternehmen
    Die Politiker und Berater interessieren sich im Rahmen der nationalen Wirtschaftspolitik nicht für
    Weblog: Webnews.de
    Aufgenommen: Jun 25, 12:43

    Kommentare
    #1 goox am 06/25/08 um 05:40
    Hört hört.
    Da spüre ich einen leichten Anflug von Unzufriedenheit, die sich in Ärger äußert. Richtig so. Da kann man auch nur wütend werden.

    Die Quintessenz dieser Betrachtung ist im Grunde genau die gleiche, wie in allen Bereichen der "deutschen Ungerechtigkeitsdebatte".
    Bist Du klein, bleibst Du klein.
    #1.1 Ansgar Offermanns am 06/25/08 um 06:45
    Ich würde "Bist Du klein, bleibst Du klein" lieber umformulieren in "Bist Du klein, dann bist Du unwichtig und mir egal. Bleib mal schön klein und nerv mich nicht weiter. Und wag es ja nicht, mir die goldene Butter vom Brot zu nehmen!"

    Sowas nervt und verärgert. Aber das ist kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Man muss eben nur andere Wege finden.
    #2 Frank am 06/26/08 um 07:01
    Da wird von kleinen und individuellen Produkten geredet. Hallo die stellt schon lange der Mittelstand nicht mehr her, auch dort ist es meistens Massenproduktion. Solche Produkte und Dienstleistungen produzieren meistens kleine Firmen und Freelancer.

    Und wer auf der einen Seite von einer schwächelnden Wirtschaft spricht und auf der anderen Seite die LKW-Maut schon wieder erhöhen möchte, was ist von dem wohl zu halten.

    Soviel zu unseren Politikern. Ahja vielleicht sollte man ja in 1-10 Mann Unternehmen einen Managerposten einführen, nur leider wird dieser deswegen noch lange nicht gut bezahlt. Aber wenigstens hat man das Gefühl, etwas zu sagen zu haben! ;-)
    #3 Sven am 06/26/08 um 06:52
    Es ist noch nicht so lange her, dass ich teil des Referentenstammes für Existenzgründerseminare war - ich hatte zwei Tage von zwei Wochen, die anderen Tage waren Jusristen, Steuer,- Finanz- und Versicherungsleute da, die auf ihren speziellen Gebieten referierten. Das Feedback war brauchbar, heißt, wer da mit Interesse dabei war konnte wirklich als halbwegs gut vorbereitet für den Sprung in die Selbstständigkeit gelten. Diese 14 Tage waren obligatorisch für eine geförderte Selbstständigkeit, und es gab noch im ersten Jahr einen Coachinganspruch (der allerdings Jahr für Jahr schrumpfte, von Anfangs 2000 Eur Netto auf zuletzt 600 Eur)

    mit der Umstellung auf Hartz IV gab es dann nur noch einen "Gutschein" für 3 Tage "Information", was lächerlich ist, keine Ahnung wie das heute inzwischen ausschaut.

    Insoweit ist diese faktische Abschaffung der Förderung von Kleinexistenzen ein konsequenter Schritt in die Richtung, in die man vor vier Jahren begann, immer schneller und eindeutiger zu gehen: die Richtung, diejenigen, die Staat tasächlich bräuchten, allein zu lassen. Und sich dann zu wundern, warum viele Menschen in diesem Land nicht mehr hinter diesem Staat stehen und sich von ihm abwenden.

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